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Zeithistorische Forschung Potsdam e.V.

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Philipp Gassert

Transnationale Geschichte

Version: 2.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 29.10.2012
https://docupedia.de//zg/Transnationale_Geschichte_Version_2.0_Philipp_Gassert

DOI: https://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok.2.255.v2

Artikelbild: Transnationale Geschichte

Berlin, Schlesisches Tor (2010). Foto: Franziska May (<a rel="nofollow" class="external text" href="http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en">CC</a&gt;)

Das Forschungsfeld der „transnationalen Geschichte“ bewegt sich an der Grenzstelle zwischen Nationen oder nationalstaatlich verfassten Einheiten und ihren Beziehungen zu anderen entsprechend organisierten Räumen, wobei diese Räume selten klar begrenzt scheinen. Aufgrund dieser Unschärfen plädiert Philipp Gassert in der zweiten Version seines Artikels dafür, den Begriff möglichst weit zu fassen und erörtert davon ausgehend die wichtigsten konkurrierenden Konzepte der „transnationalen Geschichte“. Daran schließt er eine Skizze der Begriffsgeschichte an und benennt Gründe für den Aufstieg des Forschungsbereichs, um abschließend Methoden und Gegenstände dessen zu beleuchten.

Transnationale Geschichte

von Philipp Gassert

Definitionen

Transnationale Geschichte, so eine klassische Definition des amerikanischen Historikers David Thelen, fragt, „wie Menschen, Ideen, Institutionen and Kulturen sich sowohl über, unter, durch, um, als auch innerhalb des Nationalstaates bewegten; sie analysiert, wie gut nationale Grenzen umfassen und erklären, wie Menschen Geschichte erlebten”.[1] Das bedeutet, transnationale Geschichte setzt die Nation als „Referenzpunkt” (Hannes Siegrist), versucht aber zugleich, sie aufzubrechen und zu transzendieren. Unklar bleibt, was „Transzendierung des Nationalen” heißen kann, welche forschungspraktischen Konsequenzen sich daraus ergeben, welche Ansätze (Transfer, Historischer Vergleich, Verflechtung) bevorzugt werden, und wo die chronologischen und sachlichen Grenzen transnationaler Geschichte liegen. Weiter fasst Wolfram Kaiser daher transnationale Geschichte schlicht als Beziehungen „über Grenzen hinweg in allen ihren Dimensionen”.[2]

Was exakt die Rolle des Nationalen in der transnationalen Geschichte ist und genau welche Grenzen hier überschritten werden, ist Gegenstand der Debatte.[3] In der weitesten Definition umfasst transnationale Geschichte erstens auch solche Kontakte, die in Epochen vor 1789 bzw. 1648 fallen, als es in Europa und Nordamerika noch keine Nationalstaaten gab und demnach auch keine staatlichen Grenzen. Strikt gesprochen, ist eine solche Definition anachronistisch. Daher argumentiert z.B. Kiran Klaus Patel, transnationale Ansätze „epochal auf die späte Neuzeit” zu begrenzen.[4] Zweitens werden in der Regel auch Austauschprozesse mit Regionen außerhalb Europas berücksichtigt, in denen es bis in die Phase der Dekolonisierung keine Nationalstaaten gab und zum Teil bis heute nicht gibt. Sonst fiele beispielsweise die Analyse terroristischer Netzwerke nicht unter das Rubrum „transnationale Geschichte”, sofern diese außerhalb nationalstaatlich verfasster Territorien agieren.[5] Auch Deutschland vor 1871, die russische Geschichte bis 1991 oder überhaupt die europäischen Imperien würden, streng genommen, nicht erfasst. Aus diesen Gründen ist transnationale Geschichte dann eurozentrisch bzw. nordatlantisch („westlich”), wenn sie auf die Epoche und den Raum der Nationalstaaten begrenzt wird.[6]

Da historisch und gegenwärtig nicht immer klar ist, wann und wo wir es mit Nationen oder nationalstaatlich verfassten Einheiten bzw. entsprechend organisierten Räumen zu tun haben oder nicht, soll hier dafür plädiert werden, „transnationale Geschichte” möglichst weit zu fassen. Transnationale Geschichtsschreibung sollte die Nation nicht durch die Hintertür wieder rekonstruieren, indem sie exklusiv Grenzüberschreitungen auf der Basis national verfasster Gemeinschaften zum Gegenstand macht.[7] Chronologisch und sachlich ist eine Definition schwierig, weil sich transnationale Geschichte mit anderen Ansätzen überlappt, die sich auf menschliches Handeln und Erleiden in entgrenzten Räumen „nach der Nationalfixiertheit” (Patel) richten. Im Folgenden werden kurz die wichtigsten konkurrierenden Konzepte genannt, dann ein Überblick über die Gründe des Aufstiegs der transnationalen Geschichte gegeben sowie die Begriffsgeschichte skizziert; es schließen sich Überlegungen zu Methoden und Gegenständen an.

Abgrenzungen

Konkurrierende Ansätze, Konzepte, Begriffe sind erstens die transkulturelle Geschichte, die Überschreitungen ethnisch, religiös, regional, kulturell usw. „gedachter” Grenzen thematisiert (auch innerhalb national konstruierter Gemeinschaften); zweitens die nicht-eurozentrische, ihrem Anspruch nach alle menschliche Geschichte gleichberechtigt behandelnde Weltgeschichte (world history) und drittens die ebenfalls auf übernationale Interaktion zielende globalen Geschichte (global history), die sich auf die Ausbreitung der europäischen Moderne konzentriert und – darin transnationaler Geschichte vergleichbar – stark von Europa und Nordamerika aus perspektiviert worden ist.

Methodisch und inhaltlich ist transnationale Geschichte eng mit diesen Ansätzen verwandt. Zugleich überlappt sie sich mithistoire croisée und entangled histories, denen es um Verknüpfungen und Verflechtungen jenseits spezifischer Epochen und Räume geht. Auch gibt es gemeinsame Interessen mit dem aus dem 19. Jahrhundert stammenden Zivilisationsvergleich und der stärker an ökonomischen Zusammenhängen interessierten (marxistischen) Weltsystemgeschichte (im Sinne Immanuel Wallersteins). Hinzu kommen Ansätze in benachbarten Disziplinen wie den postcolonial studies und den area studies, die ebenfalls schon länger nach dem „Transnationalen” (oder äquivalenten Phänomenen) in der Geschichte fragen. Allgemein unterschätzt werden Überschneidungen mit der „traditionellen” Diplomatiegeschichte, auch wenn die Protagonisten der transnationalen Geschichte dies nur ungern akzeptieren.[8] Zumindest in den USA hat sich die diplomatic history stark für kulturgeschichtliche Fragestellungen und hin zur transnationalen Geschichte geöffnet bzw. war treibende Kraft bei der Popularisierung des transnationalen Ansatzes.[9] Vor allem die Geschichte der internationalen Beziehungen hat seit jeher nichtstaatliche Akteure und internationale Organisationen in ihre Analyse mit einbezogen und damit wichtige empirische Grundlagen geschaffen, aber auch konzeptionelle Vorarbeit geleistet.[10]

Wegen terminologischer Konventionen, wissenschaftssoziologischer Interessen und Schulen sowie den zugrunde liegenden theoretischen und epistemologischen Prämissen bezeichnen diese Ansätze nicht immer das Gleiche, ja schließen sich zum Teil aus, wie z.B. transnationale Geschichte und nicht-eurozentrische Weltgeschichte der strikten Observanz. Dabei dienen derartige Debatten oft auch dem Ziel, Deutungsansprüche durchzusetzen. In der deutschen Historiografie ist der Aufstieg der transnationalen Geschichte eng mit dem Generationswechsel in der Sozialgeschichte und der personellen Erneuerung der in der Bielefelder Tradition stehenden Gesellschaftsgeschichte verknüpft. In den USA hingegen dient sie einerseits als Vehikel des Multikulturalismus (insbesondere in denAmerican Studies), andererseits hat ihr Durchbruch mit der Modernisierung der Diplomatiegeschichte zu tun.[11]

In der Forschungspraxis sind die hier vorgestellten Abgrenzungen kaum aufrecht zu erhalten, sind alle Übergänge fließend. Das zeigen die „klassischen” Studien des transnationalen Genres wie Atlantic Crossings von Daniel Rodgers, Slave Trades von Patrick Manning, Woman' s World von Ian Tyrrell oder jüngst in Deutschland Jürgen Osterhammels globalgeschichtlich angelegte Verwandlung der Welt.[12] Hier verbinden sich transnationale Ansätze ohne weiteres mit global- und weltgeschichtlichen Perspektiven.

Gegenwartsnähe

Transnationale Geschichte reagiert auf eine veränderte Wahrnehmung der Welt. Sie ist Teil einer „Entgrenzung” historischer Gegenstände seit dem Ende des Kalten Kriegs und eines gewandelten Verständnisses der Nation und der Nationalstaaten, deren Struktur sich seit einiger Zeit rasant verändert, ohne dass sie obsolet würden.[13] Transnationale Studien beziehen –wie grundsätzlich Historiografie und ganz besonders die Zeitgeschichte – den Impuls ihres Fragens aus der Gegenwart.[14] Aktuelle Problemlagen werden notwendig in historische Zeiträume zurückprojiziert. Doch die seit den 1990er-Jahren unter dem Etikett der „Globalisierung” und „Europäisierung” vielfach imaginierte, neue multikulturelle und multipolare Welt wurde zum Teil herbeigeschrieben, ohne dass Widerstände oder den Entgrenzungen entgegengesetzte Entwicklungen immer plausibel in das historische Fragen integriert worden wären.[15]

Da das vorwissenschaftliche und wissenschaftliche Sprechen über „Globalisierung” im alten Westen, aber auch unter den Eliten asiatischer, afrikanischer und lateinamerikanischer Länder Resonanz findet, gewinnen bisher vernachlässigte Perspektiven und die entsprechenden empirischen Befunde mehr Aufmerksamkeit, weil sich Menschen aus unterschiedlichen Regionen dafür interessieren. Es stellt insofern eine notwendige Entwicklung dar.[16]

Zugleich sollte transnationale Geschichte mit ihrem kritischen Instrumentarium Grenzen, Paradoxien und Ambivalenzen der transnationalen Erweiterung und Durchbrechung des nationalen Handlungsrahmens und seiner historiografischen Untersuchung thematisieren. So war die alte Bundesrepublik in vielerlei Hinsicht durch Prozesse transnationaler Verflechtung geprägt (etwa aufgrund kultureller „Amerikanisierung”). Doch zugleich war ihre Geschichte in den 1970er- und 1980er-Jahren auch eine Geschichte der Wendung nach innen und begleitet von der Ausbildung einer spezifisch westdeutschen, nationalen Identität.[17] In den dekolonisierten Staaten Afrikas und Asiens fand in den 1960er- und 1970er-Jahren eine „Nationalisierung” nach imaginiertem europäischen Muster statt. Ähnliches war in Ost- und Ostmitteleuropa nach 1989/90 zu beobachten.

Auffällig ist, dass die Historie im Vergleich zu benachbarten Disziplinen mit etwa 20 bis 30 Jahren Verspätung auf die Wahrnehmung einer schrumpfenden Welt reagierte und den Begriff „transnational” erst spät zu rezipieren begann. In der Politikwissenschaft ist er seit den 1970er-Jahren gut eingeführt, in der Rechtswissenschaft kam er in den USA in den 1950er-und in Deutschland schon in den 1930er-Jahren auf, in der Kulturanthropologie und der Soziologie wurde er vereinzelt im frühen 20. Jahrhundert verwendet, in der vergleichenden Sprachwissenschaft reichen die Wurzeln ins 19. Jahrhundert zurück.

Dieser Befund der vergleichsweise späten Rezeption unterstreicht die überragende Bedeutung, die die nationale Perspektive für die Historie lange Zeit gehabt hat. Will Geschichte als transnationale „Leitwissenschaft” der als globalisiert verstandenen Gegenwart nun erneut die Rolle der Sinnstifterin spielen, wie sie dies bei der Herausbildung der Nationen tat? Entsprechende Fragestellungen explodieren, doch ungeachtet wachsender wissenschaftlicher Kontakte über Grenzen hinweg bleiben Forschung und Lehre überwiegend nationalstaatlich organisiert. Das gilt sowohl für den zugrunde liegenden (westlichen) Wissenschaftsbegriff[18] als auch für die Präsenz außereuropäischer Themen in Schulen und Universitäten.[19] Auch in den schulischen Lehrplänen setzen sich nicht-deutsche Themen nur langsam durch.[20] Wenn also heute der Aufstieg der transnationalen und globalen Geschichte mit dem Aufstieg des nationalgeschichtlichen Paradigmas im 19. Jahrhundert verglichen wird, so wird über dessen Erfolg auch dadurch entschieden werden, ob es über eine bloß additive Erweiterung der Untersuchungsgegenstände zu einer tatsächlichen „Transnationalisierung” oder „Globalisierung” der historischen Praxis kommt. Hierfür fehlt jedoch gerade in der Zeitgeschichte noch vielfach das Verständnis.[21]

Ältere Traditionen

Hat die transnationale Geschichte eine Tradition? Ja, sieht man sie als Teil universal- und weltgeschichtlicher Perspektivierungen. Marc Bloch wird gerne zitiert. Geoffrey Barraclough oder Hermann Heimpel dienen als Kronzeugen.[22] Andere gehen gleich auf Ranke zurück, obwohl bei letzterem universalgeschichtliche Erkenntnis bekanntlich darauf abzielte, nationale Erfahrungshorizonte schärfer zu konturieren.[23]Letzteres gilt auch für die britische Imperialgeschichte.[24] Wie Pierre-Yves Saunier in seinem begriffsgeschichtlichen Beitrag zum Palgrave Dictionary of Transnational History (2009) im Detail herausarbeitet, wurde der Terminus erstmals von dem Sprachwissenschaftler Georg Curtius (1820-1895) verwendet. In seiner Leipziger Antrittsvorlesung 1862 argumentierte Curtius, alle menschlichen Sprachen seien mit Sprachen außerhalb der jeweiligen nationalen Kontexte verknüpft: „Eine jede Sprache ist ihrer Grundlage nach etwas transnationales.”[25] Von hier wurde die Vokabel ins Englische importiert. Dass Curtius mit kritischer Spitze gegen die zeitgenössische Philologie den „nationalen Charakter” von Sprache hinterfragte, stieß in den USA auf Interesse.[26]Der Begriff kehrte in Europa und den USA – wo der Terminus Anfang des 20. Jahrhunderts auch synonym mit „transkontinental” verwendet wurde und damit Verbindungen innerhalb der Nation meinte[27] – in der soziologischen Literatur des frühen 20. Jahrhunderts wieder. Er charakterisierte bestimmte Ausprägungen internationaler Sozialpolitik „als spannungsreicher Grauzone semioffizieller Kontakte” (Madleine Herren).[28]

Zum viel zitierten Ahnherrn transnationaler Geschichte ist posthum der New Yorker Schriftsteller Randolph Bourne avanciert, dessen knapper Text „Transnational America” (1916) in den 1970er- und 80er-Jahren als Gründungsmanifest des modernen Multikulturalismus wieder entdeckt wurde.[29] Bourne stellte den xenophobischen Amerikanisierungs-Bewegungen des Ersten Weltkriegs die Idee des „kosmopolitischen Amerika” entgegen. Mit missionarischem Eifer kontrastierte er den Nationalismus des alten Europa mit Amerika als Ort der Vermischung und friedlichen Interaktion.[30]

In der Zwischenkriegszeit kam der Begriff in unterschiedlichen Zusammenhängen auf.[31] 1931 fand er durch den Heidelberger Professor für internationales Privatrecht Max Gutzwiller Eingang in das juristische Vokabular. Gutzwiller ging es um Grauzonen von Recht „jenseits der Staaten”, die durch das klassische Völkerrecht oder das internationale Privatrecht nicht adäquat erfasst würden.[32]Dass das „Transnationale” nicht notwendig auf der Habenseite von Forschritt und Humanität zu verbuchen war (wie Bourne hoffte), zeigt der Hinweis des in den USA im Exil lebenden deutschen Politologen Karl Löwenstein, der vor den Gefahren einer „faschistischen Internationale” warnte.[33]

Neue Formen von Recht zu fassen, war auch der Ausgangspunkt des Diplomaten und Juristen Philipp Caryl Jessup, der in den 1950er-Jahren von „transnationalem Recht” zu sprechen begann. Wie zuvor der Journalist Walter Lippmann oder der Politikwissenschaftler Arnold Wolfers und andere amerikanische Intellektuelle und Gelehrte, aber auch Friedensaktivisten, Unternehmer und Politiker, suchte Jessup Orientierung in einer sich rapide wandelnden Welt. Herkömmliche rechtliche Kategorien reichten nicht aus, die wachsende Komplexität globaler und transatlantischer Interaktionen adäquat zu erfassen.[34]

Die sozialwissenschaftliche Aneignung

Diese rechtswissenschaftlichen Systematisierungsversuche bereiteten die Rezeption zunächst durch die Politikwissenschaft in den 1960er- und 70er-Jahren vor. Der französische Politologe Raymond Aron beschrieb in seinem Klassiker Frieden und Krieg (1962) einesociété transnationale, die er abhob von inter- und supranationalen Interaktionen.[35] Sein Bonner Kollege Karl Kaiser zeigte sich 1969 davon überzeugt, dass eine neue „transnationale Politik” aufgrund der Zusammenarbeit nichtstaatlicher Akteure aus unterschiedlichen Kontexten entstünde und dass es dafür einer neuen Terminologie bedürfe.[36]

Diese Fäden, auch die wachsende Popularität des Begriffs in der Produktwerbung sowie unter Anhängern der Neuen Linken (mit der Kritik „transnationaler Monopole” durch die 68er-Bewegung[37]), wurden von Robert O. Keohane und Joseph S. Nye konzeptionell weiter gesponnen. Auch sie konzentrierten sich auf Formen der Kooperation zwischen Eliten. Als „transnational” wurden von ihnen Austauschbeziehungen definiert, an denen sich über nationale Grenzen hinweg wenigstens ein nichtstaatlicher Akteur beteilige, häufig eine internationale Organisation oder ein multinationales Unternehmen.[38]

„People to people-contacts”, die in der transnationalen Geschichte zu den bevorzugten Untersuchungsgegenständen gehören, standen bei diesen juristischen und politologischen Ansätzen der 1960er- und 70er-Jahre am Rande. Die Migrationsforschung, die etwa im deutsch-amerikanischen Feld seit Jahrzehnten arbeitet, tat dies ohne den theoretischen Aufwand der „transnationalen Studien”, in der Sache aber erfolgreich. Da die außerdeutsche Geschichte in Deutschland seit Jahrzehnten marginalisiert wurde, wird sie auch in jüngeren Überblicken zur transnationalen Geschichte entsprechend ignoriert.[39]

Nicht allein die politikwissenschaftliche Forschung warf Anfang der 1970er-Jahre Fragen auf, für die sich heute zunehmend Historikerinnen und Historiker interessieren. Die Area Studies, allen voran die Amerikastudien, standen seit den 1980er-Jahren unter dem Einfluss ethnologischer (Clifford Geertz) und poststrukturalistischer Fragestellungen („lingustic turn”), sie wurden zunehmend vom Postkolonialismus (Edward Said, Homi Bhabha) und den konstruktivistischen Ansätzen der Cultural Studies geprägt. Im Kontext der historischen Wende der britischen und amerikanischen Literaturwissenschaft (New Historicism),[40] aber auch derGerman Studies, wurden transnationale Fragen zum Teil schon in den 1980er-Jahren gestellt. Hier kam es über die transnationale Perspektive zu einer Annäherung von Literaturwissenschaft und Geschichte in einer interdisziplinären Kulturgeschichte.[41]

Diese Ansätze waren erheblicher Kritik seitens literaturwissenschaftlicher Traditionalist/innen und traditioneller Historiker/innen ausgesetzt.[42] Vor allem in den USA kam es zu regelrechten Kämpfen um den „Kanon” und Deutungshoheiten. Hier wurde, anders als in den meisten historisch ausgerichteten Arbeiten, das Transnationale weniger als Erkenntnis anleitende Perspektive definiert. Vielmehr verstehen einige Autor/innen aufgrund der Wurzeln etwa der „Transnational American Studies” im Poststrukturalismus den transnational turn als grundsätzliche erkenntnistheoretische Innovation. Ihre Fragen sind, darin vergleichbar der transnationalen Geschichte, stark auf hybride „Identitäten”, auf multikulturelle Durchlässigkeit, auf Deterritorialisierung, auf Transkulturalität usw. gerichtet, wobei sie dabei häufig mit erheblichem theoretischen Aufwand vorgehen und den Verlust von empirischer Anschaulichkeit in Kauf nehmen.[43]

Die historische Debatte

Die Konjunktur „transnationaler Geschichte” begann in den 1990er-Jahren. In einem „Forum” der American Historical Review im Oktober 1991 wurde der Begriff erstmals von einer Fachöffentlichkeit breiter diskutiert, wobei es in der amerikanischen Debatte zunächst einmal mehr um die Tragbarkeit der Vorstellung eines American exceptionalism („Sonderwegs”) ging. Schon in dieser ersten Runde machte Ian Tyrell darauf aufmerksam, dass transnationale Ansätze wichtige „Vorläufer” in den Borderland Studies, derAtlantic History und der Migrationsforschung besitzen.[44] In den USA, mit ihrer ausgebauten Lehrtradition von global undworld history seit den 1960er-Jahren,[45] entfaltete die transnationale Geschichte eine geringere Sprengkraft als in der national zentrierten deutschen Historiografie. Die La Pietra-Konferenzen und der daraus hervorgegangene Sammelband Rethinking American History in a Global Age werfen die Netze weit aus, inkorporieren die Traditionen und kritisieren den exceptionalism.[46] Doch diente in den USA der transnationale Ansatz nicht als Wellenbrecher wie in Deutschland, wo die institutionellen Voraussetzungen nicht-deutscher Geschichte deutlich ungünstiger sind.

Obwohl die Debatte um die transnationale Geschichte sich in den USA seit Anfang der 1990er-Jahre ausweitete, konstatierte Jürgen Osterhammel 2001 mit Blick auf die deutsche Forschung, der Begriff sei bisher „kaum eingeführt”.[47] Wegen verfestigter Primatsdebatten in den 1970er-Jahren, als das „Internationale” quasi dem „feindlichen Lager” zugerechnet wurde, scheinen in der bundesdeutschen Sozial- und Gesellschaftsgeschichte lange Zeit entsprechende Hinweise ignoriert worden zu sein. Der internationale Vergleich schrieb nationale Kulturdifferenzen eher fest als dass er sie transzendierte.[48] Von Lutz Raphael wurde die Gesellschaftsgeschichte daher als „nationalzentrierte Sozialgeschichte in programmatischer Absicht” charakterisiert.[49] Nach den Eröffnungssalven in Geschichte und Gesellschaft, wo Jürgen Kocka 2001 die transnationale Herausforderung annahm, weitete sich die Debatte in Deutschland jedoch rasch aus. Ausgehend vom Leipziger Zentrum für Höhere Studien und dem dortigen Institut für Kulturwissenschaften (Hannes Siegrist, Matthias Middell) sowie den Deutschen Historischen Instituten vor allem in Washington und London (u.a. Eckhardt Fuchs, Benedikt Stuchtey) wurde in Deutschland das transnationale Konzept umfassend rezipiert. 2004 wurde mit geschichte.transnational ein eigenes elektronisches Forum gegründet. Vorerst aber blieb, wie Fuchs 2005 monierte, die Debatte um die transnationale Geschichte „Theorie”.[50]

Während in Deutschland theoretische und methodische Debatten dominierten, blieb der empirische Ertrag begrenzt. Das hat, wie erwähnt, einerseits damit zu tun, dass entsprechende Forschung, die unter anderen Bezeichnungen lief, schlicht ignoriert wurde, andererseits aber damit, dass sich viele Projekte noch in der Antragsphase befanden. Das Anregungspotenzial der Debatten des frühen 21. Jahrhunderts schlägt sich deshalb erst allmählich auch in empirisch gesättigten Publikationen nieder.[51] Umgekehrt sind seit dem Höhepunkt der Debatte um 2005 kaum noch theoretische Beiträge erschienen. Das Wichtigste ist wohl gesagt.[52] Es scheint, dass wir mit dem Erscheinen entsprechender Reader und Handbücher nun in der Phase der Kanonisierung sind.[53]

Fragen zur Methode

Hat die transnationale Geschichte eigene Methoden oder stellt sie gar eine Methode dar? Diese Frage hat in Deutschland weniger große Brisanz als in den USA und Großbritannien, wo transnationalism den Anspruch des Paradigmenwechsels transportiert.[54] In Deutschland sind die Erwartungen nicht so hoch. Eher kommt es zu einer kritischen (Wieder-)Aneignung und Weiterentwicklung etablierter Methoden. Auch ist transnationale Geschichte, jedenfalls in der Zeitgeschichte, sehr viel weniger vom linguistic turn, von kulturgeschichtlichen Ansätzen und transdisziplinären Fragestellungen angesteckt worden als vergleichbare Forschungen in den American Studies.

Transnationale Geschichte kann erstens auf etablierte Methoden der Transferforschung zurückgreifen. Letzterer wird gelegentlich vorgeworfen, sie interessiere sich hauptsächlich für die direkte Übertragung bestimmter Produkte, Praktiken oder Ideen und sei daher bloß „Einflussforschung”.[55] So wörtlich wird Transfer fast nirgendwo genommen. Die Forschung etwa zur „Amerikanisierung” Europas hat sich von Vorstellungen eines Kulturimperialismus schon lange gelöst. Sie untersucht die aktive Übernahme als „amerikanisch” perzipierter Produkte, Ikonen und Praktiken und deren lokale Aneignung. Auch geht sie von der Prämisse aus, dass „Amerika als Argument” in der Auseinandersetzung mit Modernisierungsprozessen normativ eingesetzt wird.[56]

Zweitens werden in der transnationalen Geschichte methodische Anregungen aus der Kulturgeschichte und Kulturanthropologie aufgenommen, die von der internationalen Geschichte seit den 1990er-Jahren breit rezipiert wurden.[57] Ausgehend von den erkenntnistheoretischen „turns” der 1970er- und 80er-Jahre machen sich transnationale Studien Gedanken über symbolische Handlungen, einen ritualisierten Internationalismus (etwa in der Studentenbewegung der 1960er-Jahre), die Erfahrung von „Differenz” (Alterität, Identität), der Konstruktion transnationaler Gemeinschaften und Prozesse identitärer Vergemeinschaftung jenseits nationaler Grenzen (z.B. europäische „Erinnerungsorte”, Selbsteinschreibung der Deutschen in den Westen, Vorstellungen von „einer Welt”).

Drittens wenden transnationale Untersuchungen vergleichende Methoden an, obwohl der Vergleich im Verdacht steht, den „nationalen Container” (Ulrich Beck) über das Forschungsdesign quasi zu reproduzieren. Dieser Einwand ist theoretisch berechtigt, aber in der Praxis obsolet geworden. Angesichts der Sensibilisierung für die Fallstricke des Vergleichens wird heute die Ebene wechselseitiger Wahrnehmung, des Austauschs und der Zirkulation regelmäßig integriert. Hier hat die historische Komparatistik erhebliche theoretische und praktische Fortschritte gemacht.[58] Mit der histoire croisée wurde von Michael Werner/Bénédicte Zimmermann in Frankreich ein Vorschlag zur Verbindung von Vergleich und Transfer gemacht, der enthusiastische Aufnahme findet.[59]

Viertens kommt die Untersuchung physischer Interaktion über Grenzen in der transnationalen Geschichte nicht zu kurz, egal ob auf der Basis strukturalistischer oder poststrukturalistischer Grundannahmen, mittels vergleichender oder transferbezogener Ansätze, gleich ob man auf die systemische Ebene oder alltägliche Erfahrungen fokussiert, ob man Handelsströme oder symbolische Praktiken analysiert, ob man Eliten oder „einfache Leute” untersucht. Im konkreten Fall lösen sich die theoretischen Gegensätze ebenso wie die methodischen Spitzfindigkeiten meistens schnell auf. Manchmal werden die theoretischen Spannungen sogar produktiv zueinander in Beziehung gesetzt. Und im Angesicht der Archive kühlen die heißen Theoriedebatten ohnehin rasch ab.

Themenfelder

The proof of the pudding is in the eating. Dieser Gemeinplatz gilt auch für die transnationale Geschichte, die sich in der Zwischenzeit auf zahlreiche Forschungsfelder erstreckt und hier – für manche/n vielleicht erschreckende – „imperiale Tendenzen” an den Tag zu legen scheint. Von der Jugendkultur bis zum Sozialstaat, von der Zirkulation künstlerischer Artefakte bis zur Repräsentation historischer Ereignisse, von architektonischen Designs bis zu militärischen Einsätzen, von handwerklichen Fertigkeiten bis zu Expertenwissen, von internationalen Organisationen bis hin zur Sozialgeschichte des Tourismus, von transnational agierenden Unternehmen bis zu Gewerkschaften, Kirchen und religiösen Gemeinschaften reicht das Spektrum der Fragen und Themen. Transnationale Geschichte scheint grenzenlos.

Die von ihr untersuchten Akteure sind Schüler und Lehrerinnen, Priester und Gläubige, Professorinnen und Studierende, Intellektuelle und Handwerker, Expertinnen und Generalisten, Besatzer und Besetzte, Mafiosi, Hochstapler und Polizisten, Entwicklungshelfer, Flüchtlinge und Gewerkschafter, Journalisten, Politikerinnen und Diplomaten, die Protagonisten außerparlamentarischer Proteste, aber eben auch „ganz normale” Frauen, Männer und Kinder, die über Auslandsreisen und den Konsum von Presseerzeugnissen, über Erzählungen von Bekannten, über die Arbeitsmigration oder die Flucht aus Krisengebieten, über lange Exilerfahrungen oder nur einen kurzen Einkaufstrip in die Metropole jenseits des Atlantiks oder am Indischen Ozean eben jene Erfahrungshorizonte schaffen, welche die schöne oder nicht so schöne Welt der transnationalen Geschichte definieren.

Keine Epoche und kein Gegenstand der Zeitgeschichte ist vor transnationalen Fragestellungen sicher, gleich ob wir im Falle Deutschlands über die die alte Bundesrepublik, die DDR, Weimar, den Nationalsozialismus oder das Kaiserreich forschen. Auch für Europa stellt sich die Frage, ob dieses sich „transnational schreiben” lässt.[60] Auf jede dieser Epochen der deutschen und europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts ergeben sich neue Perspektiven jenseits der Nation. Selbst der Nationalsozialismus wird hier sekundär historisiert und verstärkt als Teil einer auch transnationalen Gewalterfahrung der Moderne gesehen. Die Felder transnationaler Geschichte, aber auch der ihr verwandten und verschwägerten Ansätze globaler und welthistorischer Studien auch nur enumerativ aufzählen zu wollen, wäre daher vermessen.

Empfohlene Literatur zum Thema

Patricia Clavin, Defining Transnationalism, in: Contemporary European History. 14, Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISSN 0960-7773, S. 421-439.

Emory Eliott, Diversity in the United States and Abroad: What does it Mean When American Studies is Transnational?, in: American Quarterly. 59, American Studies Association, Washington 2007, ISSN 0003-0678, S. 1-22.

Eckhardt Fuchs, Benedikt Stuchtey (Hrsg.), Across Cultural Borders. Historiography in Global Perspective, Rowman & Littlefield, Lanham 2002, ISBN 0-7425-1767-5.

Eckhardt Fuchs, Welt und Globalgeschichte. Eine Blick über den Atlantik, in: H-Soz-u-Kult, 31.03.2005. (online).

Martin H. Geyer, Johannes Paulmann (Hrsg.), The Mechanics of Internationalism. Culture, Society, and Politics from the 1840s to the First World War, Oxford University Press, Oxford 2001, ISBN 978-0-19-920238-6.

Akira Iriye, Pierre-Yves Saunier (Hrsg.), The Palgrave Dictionary of Transnational History. From the mid-19th century to the present day, Palgrave Macmillan, Basingstoke 2009, ISBN 1-403-99295-9.

Konrad H. Jarausch, Reflections on Transnational History, in: H-German, 20. Januar 2006. (online).

Wolfram Kaiser, Transnationale Weltgeschichte im Zeichen der Globalisierung, in: Eckart Conze, Ulrich Lappenküper, Guido Müller (Hrsg.), Geschichte der internationalen Beziehungen. Erneuerung und Erweiterung einer historischen Disziplin. Böhlau, Köln 2004, ISBN 3-412-06704-0, S. 65-92.

Peggy Levitt, Sanjeev Kahgram (Hrsg.), The Transnationalism Studies Reader. Intersections and Innovations, Routledge, London 2007, ISBN 978-0-415-95373-3.

Matthias Middell (Hrsg.), Dimensionen der Kultur- und Gesellschaftsgeschichte. Festschrift für Hannes Siegrist zum 60. Geburtstag, Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2007, ISBN 3-86583-201-6.

Kiran Klaus Patel (Hrsg.), Nach der Nationalfixiertheit. Perspektiven einer transnationalen Geschichte, Humboldt-Universität, Berlin 2004, ISBN 3-86004-171-1.

David Thelen, The Nation and Beyond: Transnational Perspectives on United States History, in: Journal of American Studies. 86 (1999), S. 965-975.

Ian Tyrrell, Transnational Nation: United States History in Global Perspective since 1789, Palgrave Macmillan, Basingstoke 2007.

Zitation
Philipp Gassert, Transnationale Geschichte, Version: 2.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 29.10.2012, URL: http://docupedia.de/zg/Transnationale_Geschichte_Version_2.0_Philipp_Gassert

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Anmerkungen

    1. David Thelen, The Nation and Beyond: Transnational Perspectives on United States History, in: Journal of American History 86 (1999), S. 965-975, hier S. 967.
    2. Wolfram Kaiser, Transnationale Weltgeschichte im Zeichen der Globalisierung, in: Eckart Conze/Ulrich Lappenküper/Guido Müller (Hrsg.), Geschichte der internationalen Beziehungen. Erneuerung und Erweiterung einer historischen Disziplin, Köln u.a. 2004, S. 65-92, hier S. 65.
    3. Vgl. Konrad Jarausch, Reflections on Transnational History, in: H-German, 20. Januar 2006, online unterhttp://h-net.msu.edu/cgi-bin/logbrowse.pl?trx=vx&list=h-german&month=0601&week=c&msg=LPkNHirCm1xgSZQKHOGRXQ&user=&pw=.
    4. Kiran Klaus Patel, Nach der Nationalfixiertheit. Perspektiven einer transnationalen Geschichte, Berlin 2004, S. 13f.; siehe auch Hannes Siegrist, Transnationale Geschichte als Herausforderung für die wissenschaftliche Historiographie, in: Geschichte.Transnational, 16. Februar 2005, online unterhttp://geschichte-transnational.clio-online.net/forum/id=575&type=diskussionen; Ian Tyrell, What is Transnational History?, online unter http://iantyrrell.wordpress.com/what-is-transnational-history/.
    5. Zur Abgrenzung wurde anfangs auch der Begriff „transkulturell“ verwendet: Jürgen Osterhammel, Transkulturell vergleichende Geschichtswissenschaft, in: ders., Geschichtswissenschaft jenseits des Nationalstaats. Studien zu Beziehungsgeschichte und Zivilisationsvergleich, Göttingen 2001, S. 11-45.
    6. So die Kritik von Michael Mann, Globalization, Macro-Regions and Nation-States, in: Gunilla Budde/Sebastian Conrad/Oliver Janz (Hrsg.), Transnationale Geschichte: Themen, Tendenzen und Theorien, 2. Aufl., Göttingen 2010, S. 21-31.
    7. Vgl. Eckhardt Fuchs, Welt und Globalgeschichte. Eine Blick über den Atlantik, in: H-Soz-u-Kult, 31.03.2005, online unterhttp://hsozkult.geschichte.huberlin.de/forum/2005-03-004.
    8. Patricia Clavin, Defining Transnationalism, in: Contemporary European History 14 (2005), S. 421-439.
    9. Vgl. die Debatten in Diplomatic History seit 1989.
    10. Madeleine Herren, Hintertüren zur Macht. Internationalismus und modernisierungsorientierte Außenpolitik in Belgien, der Schweiz und den USA, München 2000, Martin H. Geyer/Johannes Paulmann (Hrsg.), The Mechanics of Internationalism. Culture, Society, and Politics from the 1840s to the First World War, Oxford 2001.
    11. Das lässt sich evtl. an Personen festmachen. Wurde in Deutschland die Debatte am auffälligsten von Jürgen Kocka mit einem entsprechenden Editorial in „Geschichte und Gesellschaft” eröffnet, so war in den USA mit Akira Iriye ein für Fragen der kulturellen Kontakte offener Diplomatiehistoriker eine treibende Kraft.
    12. Daniel T. Rodgers, Atlantic Crossings. Social Politics in a Progressive Age, Cambridge, Mass. 1998; Patrick Manning (Hrsg.), Slave Trades. Globalization of Forced Labor, Aldershot 1996; Ian Tyrrell, Woman’s World/Woman’s Empire: The Woman’s Christian Temperance Union in International Perspective, 1880-1930, Chapel Hill 1991; Jürgen Osterhammel, Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, München 2009.
    13. Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 1999, S. 525-536; Rüdiger Voigt, Zwischen Leviathan und Res Publica. Der Staat des 21. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Politik 54 (2007), S. 259-271.
    14. Vgl. Christoph Kleßmann, Zeitgeschichte als wissenschaftliche Aufklärung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 51-52 (2002), S. 3-12; Hans-Peter Schwarz, Die neueste Zeitgeschichte, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 51(2003), S. 5-28; Alexander Nützenadel/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven der Forschung in Europa, Göttingen 2004.
    15. Insbesondere die sozialwissenschaftliche und historische europäische Integrationsforschung geht stark von der Prämisse einer strukturellen Angleichung der europäischen Gesellschaften aufgrund von Prozessen der Globalisierung und Europäisierung aus, zur Kritik vgl. Jost Dülffer, Europäische Integration zwischen integrativer und dialektischer Betrachtungsweise, in: Archiv für Sozialgeschichte 42 (2002), S. 521-543, hier S. 528f.; dagegen Christoph Boyer, Die Einheit der europäischen Zeitgeschichte, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 55 (2007), S. 487-496, ohne konsequente Berücksichtigung disintegrativer und der „Einheit“ entgegenstehender Momente.
    16. Jürgen Osterhammel/Niels Petersson, Geschichte der Globalisierung. Dimensionen, Prozesse, Epochen, München 2003, S. 7-10.
    17. Vgl. dazu mein eigenes Forschungsprojekt „Republik der Widersprüche: Westdeutschland von Erhard bis Schmidt“; Andreas Wirsching, Für eine pragmatische Zeitgeschichtsforschung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 3 (2007), S. 13-18.
    18. Vgl. Dipesh Chakrabarty, Provincializing Europe. Postcolonial Thought and Historical Difference, with a new preface by the author, Princeton 2008.
    19. Katja Naumann, Weltgeschichte in der universitären Lehre – institutionelle Räume, intellektuelle Partner und geschichtspolitische Anbindungen, geschichte.transnational, 14. Juli 2007; Michael Brenner Abschied von der Universalgeschichte: Ein Plädoyer für die Diversifizierung der Geschichtswissenschaft, in: Geschichte und Gesellschaft 30 (2004), S. 118-124.
    20. Matthias Middell, Susanne Popp, Hanna Schissler, Weltgeschichte im deutschen Geschichtsunterricht. Argumente und Thesen, in: Internationale Schulbuchforschung 24 (2003), S. 149-154.
    21. Vgl. Konrad Jarausch, Zeitgeschichte zwischen Nation und Europa. Eine transnationale Herausforderung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B39 (2004), S. 3-10.
    22. Geoffrey Barraclough, An Introduction to Contemporary History, London 1964; Hermann Heimpel, Entwurf einer deutschen Geschichte. Eine Rektoratsrede, in: Der Mensch in seiner Gegenwart. Sieben historische Essays, Göttingen 1954, S. 162-195.
    23. Rüdiger vom Bruch, Leopold von Ranke, online unter http://www.geschichte.hu-berlin.de/galerie/texte/ranke.htm.
    24. Kevin Grant/Philippa Levine/Frank Trentmann (Hrsg.), Beyond Sovereignty: Britain, Empire and Transnationalism, c. 1880-1950, Houndsmills 2007.
    25. Georg Curtius, Philologie und Sprachwissenschaft: Antrittsvorlesung gehalten zu Leipzig am 30. April 1862, Leipzig 1862, S. 9.
    26. Pierre-Yves Saunier, Transnational, in: Iriye/Sauner (Hrsg.), Palgrave Dictionary, S. 1047-1055, hier S. 1048.
    27. Mit dem Präfix „trans“ war in der Bezeichnung „transnationaler“ Straßenverbindungen innerhalb der USA also nicht Verbindungen „jenseits der Nation“ gemeint, sondern solche, die die Nation intern zusammenfügten.
    28. Madeleine Herren, Sozialpolitik und die Historisierung des Transnationalen, in: Geschichte und Gesellschaft 32 (2006), S. 542-559, hier S. 550.
    29. Olaf Hansen (Hrsg.), Randolph Bourne. The Radical Will, Selected Writings, 1911-1918, New York 1977; David A. Hollinger, Postethnic America: Beyond Multiculturalism, New York 1995.
    30. Randolph Bourne, Trans-National America, in: Atlantic Monthly 118 (Juli 1916), S. 86-97.
    31. Detailliert, Saunier, Transnational, S. 1048
    32. Frederick A. Mann/Max Gutzwiller, Der Internationalist, in: In Memoriam Max Gutzwiller. Gedächtnisfeier der Juristischen Fakultät Heidelberg am 3. November 1989, Heidelberg 1990, S. 25-37, hier S. 31.
    33. Karl Loewenstein, Militant Democracy and Fundamental Rights, I, in: American Political Science Review 3 (1937), S. 417-432; zu transnationalen Aspekten von Faschismus und Nationalsozialismus auch Madeleine Herren, “Outwardly … an Innocuous Conference Authority”: National Socialism and the Logistics of International Information Management“, in: German History 20 (2002), S. 67-92.
    34. Vgl. Oscar Schachter, Philipp Jessup’s Life and Ideas, in: American Journal of International Law 80 (1986), S. 878-895, hier S. 893f.; Herren, Sozialpolitik, S. 551f.
    35. Raymond Aron, Frieden und Krieg. Eine Theorie der Staatenwelt. Aus dem Französischen von Sigrid von Massenbach. Mit einem Geleitwort zur Neuausgabe von Richard Löwenthal, Frankfurt a.M. 1986, S. 129-136.
    36. Karl Kaiser, Transnationale Politik. Zu einer Theorie multinationaler Politik, in: Ernst-Otto Czempiel (Hrsg.), Die anachronistische Souveränität. Zum Verhältnis von Innen- und Außenpolitik, Köln/Opladen 1969.
    37. Vgl. Saunier, Transnational, S. 1050.
    38. Robert O. Keohane/Joseph S. Nye, Transnational Relations and World Politics: An Introduction, in: International Organization 25 (1971), S. 329-349.
    39. In dem von Budde/Conrad/Janz herausgegebenen „Reader“ Transnationale Geschichte (2006) fehlt bezeichnenderweise ein Beitrag zur Migrationsgeschichte; auch im Forum „geschichte.transnational“ kommen entsprechende Impulse kaum zum Tragen; für einen Überblick der sehr regen älteren deutsch-amerikanischen Forschung siehe Dirk Hoerder/Jörg Nagler (Hrsg.), People in Transit: German Migrations in Comparative Perspective, 1820-1930, New York 1995; die neuere Forschung resümiert Wolfgang J. Helbich, German Research on German Migration to the United States, in: Amerikastudien/American Studies 54 (2009), H. 3, S. 383-404; Heike Bungert, Europäische Migration nach Nordamerika im 19. Jahrhundert, in: Thomas Fischer/Daniel Gossel (Hrsg.), Migration in internationaler Perspektive, München 2009, S. 61-98.
    40. Winfried Fluck (Hrsg.), The Historical and Political Turn in Literary Studies, Tübingen 1995.
    41. Winfried Fluck/Stefan Brandt/Ingrid Thaler (Hrsg.), Transnational American Studies, Tübingen 2007; Mita Banerjee, Cultural Studies and Americanziation, in: Amerikastudien/American Studies 54 (2009), S. 499-521.
    42. Udo Hebel, Einführung in die Amerikanistik/American Studies, Tübingen 2008, S. 408f.
    43. Vgl. etwa John Carlos Rowe (Hrsg.), Post-Nationalist American Studies, Berkeley 2000; Donald E. Pease/Robyn Wiegman (Hrsg.), The Futures of American Studies, Durham 2002.
    44. Ian Tyrell, American Exceptionalism in an Age of International History, in: American Historical Review 96 (1991), S. 1031-1055.
    45. Vgl. Katja Naumann, Von „Western Civilization“ zu „World History“. Europa und die Welt in der historischen Lehre in den USA, in: Middell (Hrsg.), Dimensionen, S. 73-89.
    46. Vgl. Thomas Bender (Hrsg.), Rethinking American History in a Global Age, Berkeley 2002 sowie ders. (Hrsg.), The La Pietra Report. A Report to the Profession, Bloomington 2000, online unterhttp://www.oah.org/activities/lapietra/index.html; zur US-Debatte Patel, in: Berg/Gassert, S. 40-57.
    47. Jürgen Osterhammel, Transnationale Gesellschaftsgeschichte: Erweiterung oder Alternative?, in: Geschichte und Gesellschaft 27 (2001), S. 464-479, hier S. 471.
    48. Zusammenfassend Heinz-Gerhard Haupt/Jürgen Kocka (Hrsg.), Geschichte und Vergleich. Ansätze und Ergebnisse international vergleichender Geschichtsschreibung, Frankfurt a.M. 1996; Deborah Cohen/Maura O’Connor, Camparison and History: Europe in Cross-National Perspective, New York 2004.
    49. Lutz Raphael, Nationalzentrierte Sozialgeschichte in programmatischer Absicht. Die Zeitschrift „Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für Historische Sozialwissenschaft“ in den ersten 25 Jahren ihres Bestehen, in: Geschichte und Gesellschaft 25 (1999), S. 5-37.
    50. Eckhardt Fuchs, Welt- und Globalgeschichte - Ein Blick über den Atlantik, in: H-Soz-u-Kult 31.03.2005, online unterhttp://hsozkult.geschichte.huberlin.de/forum/2005-03-004.
    51. Sebastian Conrad/Jürgen Osterhammel (Hrsg.), Das Kaiserreich transnational. Deutschland in der Welt 1871-1914, Göttingen 2004; Armin Nolzen/Sven Reichardt (Hrsg.) Faschismus in Italien und Deutschland. Studien zu Transfer und Vergleich. Göttingen 2005; Pierre-Yves Saunier/Shane Ewen (Hrsg.), Another Global City. Historical Explorations into the Transnational Municipal Moment, 1850-2000, New York 2008; Belinda Davis/Wilfried Mausbach/Martin Klimke/Carla MacDougall (Hrsg.), Changing the World, Changing Onself: Political Protest and Collective Identities in West Germany and the U.S. in the 1960s and 1970s, New York 2010.
    52. Der letzte Forums-Beitrag zum Stichwort „transnationale Geschichte“ auf geschichte.transnational datiert von 2008, vgl. online unterhttp://geschichte-transnational.clio-online.net/forum/type=artikel (7.6.2012).
    53. Neben Budde u.a., Transnationale Geschichte und demPalgrave Dictionary siehe auch Peggy Levitt/Sanjeev Kahgram (Hrsg.), The Transnationalism Studies Reader. Intersections and Innovations, London 2007.
    54. Vgl. Levitt/Sanjeev, Transnationalism; Clavin, Defining.
    55. Matthias Midell, Kulturtransfer und transnationale Geschichte, in: ders., (Hrsg.), Dimensionen, S. 49-69, hier S. 53.
    56. Vgl. Philipp Gassert, Amerikanismus, Antiamerikanismus, Amerikanisierung: Neue Literatur zur Sozial- und Kulturgeschichte des amerikanischen Einflusses in Deutschland und Europa, in: Archiv für Sozialgeschichte 39 (1999), S. 531-561.
    57. Pars pro toto Kaspar Maase, BRAVO Amerika. Erkundungen zur Jugendkultur in der Bundesrepublik der fünfziger Jahre, Hamburg 1992; Jessica C.E. Gienow-Hecht, Frank Schumacher (Hrsg.), Culture and International History, New York 2003.
    58. Vgl. etwa Hartmut Kaelble/Jürgen Schriewer (Hrsg.), Vergleich und Transfer. Komparatistik in den Sozial-, Geschichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt a.M. 2003; Cohen/O’Connor, Comparison and History; Matthias Middell, Kulturtransfer und transnationale Geschichte, in: ders. (Hrsg.), Dimensionen der Kultur- und Gesellschaftsgeschichte. Festschrift für Hannes Siegrist zum 60. Geburtstag, Leipzig 2007, S. 49-69; immer noch wichtig Johannes Paulmann, Internationaler Vergleich und interkultureller Transfer. Zwei Forschungsansätze zur europäischen Geschichte des 18. bis 20. Jahrhunderts, in: Historische Zeitschrift 267 (1998), 649-685; Michel Espagne, Sur les limites du comparatisme en histoire culturelle, in: Gèneses 17 (1994), S. 112-121.
    59. Michael Werner, Bénédicte Zimmermann, Vergleich, Transfer, Verflechtung. Der Ansatz der histoire croisée und die Herausforderung des Transnationalen, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), S. 607-636.
    60. Vgl. Kiran Klaus Patel, Transnationale Geschichte, in: Europäische Geschichte Online (EGO), hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2010-12-03, online unterhttp://www.ieg-ego.eu/patelk-2010-de.